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Reaktionen in Zeitungen und Zeitschriften
Zwischen Hoffnung und Aufgeben
Sie will die Stärken der Schwachen hervorlocken
Aus dem Moment heraus – begegnen, berühren
Zwischen Hoffnung und Aufgeben
Seniorinnen nehmen Hörbuch im Pflegeheim auf
»Und das ist die Hoffnung, dass der Frühling wiederkommt. Für mich vielleicht nicht mehr, aber für alle, denen es dreckig geht.« Die Mitspielerin der Theatergruppe des Pflegeheims Bockenheim, die diesen Satz im Hörbuch sagt, ist im Mai gestorben. Für kurze Zeit kam für sie der Frühling noch einmal zurück.
Mit diesen Worten endet das Hörspiel mit dem Titel »Wir hören nicht auf zu denken und zu hoffen«, das sechs Seniorinnen der Schauspielgruppe aufgenommen haben. Die Frauen wollten nicht mehr auf der Bühne auftreten, auch wegen der Parkinson-Erkrankung einer Teilnehmerin. So sei die Idee einer Hörbuch-Produktion entstanden, berichtet Theaterpädagogin Ulrike Dempewolff. Unter ihrer Leitung trafen sich die Frauen einmal in der Woche, tauschten sich über ihre Situation und ihre Gefühle aus und stellten sich Fragen, über die sie im Heimalltag eher nicht sprechen. Ist es der Sinn des Lebens rechtzeitig aufzugeben? Ihre Antworten hielt die Gruppe auf einem Aufnahmegerät fest.
Ulrike Dempewolff schnitt aus 50 Stunden Material das halbstündige Hörbuch zusammen. Wie sehr sich die Seniorinnen mit der Endlichkeit des Lebens auseinander setzen müssen, wird schon beim Blick auf das Cover deutlich. Bei zwei der sechs Spielerinnen ist ein Todesdatum vermerkt. Die Aufnahmen sind im vergangenen Jahr von Februar bis September entstanden.
Die Seniorinnen erzählen keine Geschichten, es sind eher Gedankengänge, die sie äußern. Dabei schluckt der Zuhörer immer wieder, die Aussagen sind oft entwaffnend ehrlich formuliert. »Mein Leben ist zu Ende und ich erwarte nichts mehr« heißt es da zum Beispiel. Ein Zusammenhang wird durch Einspielen der Musik von Maria Kalaniemi und vorgetragenen kurzen Gedichten etwa von Hermann Hesse oder Friedrich Hebbel hergestellt.
Das besondere seien die Vertrautheit und der Zusammenhalt gewesen. die zwischen ihr und den Teilnehmerinnen geherrscht hätten, sagt Dempewolff. Immer wieder streichen sie sich über den Arm oder umarmen sich.
Sie reden auch darüber, wenn eine Teilnehmerin körperliche Gebrechen plagen oder ein Mitbewohner gestorben ist. Dabei merken sie, dass die anderen ähnliche Probleme und Sorgen beschäftigen. Teilnehmerin Maria-Anna Ruhlen wünscht sich daher, dass die Gruppe weiter besteht.
Heute stellen vier der Sprecherinnen das Hörbuch gemeinsam mit Theaterpädagogin Dempewolff um 15.30 Uhr im großen Saal des Pflegeheims Bockenheim vor. Dazu sind alle Interessierten eingeladen.
Im März möchte Dempewolff mit einem neuen Theaterprojekt beginnen. In Absprache mit einer Sozialpädagogin bietet sie Bewohnern des Pflegeheims an, mitzumachen. Maria-Anna Ruhlen ist gerne wieder dabei. In dem Hörbuch zitiert sie eine Passage aus einem Kirchenlied von Detlev Jöcker: »Ich wünsche mir sehr, dass jemand bei mir wär, der mit mir lacht und spricht: Fürchte dich nicht!«
(jbro., Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19. Feb. 2016)
Sie will die Stärken der Schwachen hervorlocken
Als »Lieselotte Loreley« steht Ulrike Dempewolff Kranken und Schwachen bei. Vom gängigen Clown-Image distanziert sie sich.
Die rote Clown-Nase aufgetragen, ein bunter Hut und Rock, etwas Schminke, fertig. Das Kostüm ist schlicht, die Gestik dafür umso ausdrucksvoller. Je nach Situation ist »Lieselotte Loreley« aufgedreht und führt akrobatische Künste mit Jonglierbällen, Musik und Tanz vor, oder sie ist vorsichtig und einfühlsam. Gleich beim ersten Kontakt mit dem kranken oder altersgeschwächten Menschen entscheidet sich die Clownin für die Zugangsart. »Das erfordert Feingefühl, eine geschärfte Wahrnehmung, Spontanität – und Erfahrung«, sagt Ulrike Dempewolff (61), die hauptberuflich als Clownin tätig und ausgebildete Theaterpädagogin ist. Die rote Nase und die Figur der Clownin unterstützen zusätzlich das Spiel in den Situationen.
Seit 12 Jahren schlüpft die gebürtige Deutsche, die mit ihrer Frau in Roggliswil wohnt, in die Rolle der Clownin. Einen bis zwei Nachmittage pro Woche tritt sie in Altersheimen auf, etwa in Obwalden. Auch als «Huusglon» besucht sie während gut einer Stunde schwerkranke oder behinderte Menschen.
Emotionen freien Lauf lassen
Dabei ist sie nicht nur lustig und witzig. »Ich möchte, dass die Menschen sich und ihre Stärken zeigen und dabei selber aktiv werden – und von sich aus mit mir singen oder tanzen.« Froh ist Ulrike Dempewolff etwa auch, wenn die wirklich Geschwächten kurz die Augen öffnen und lächeln.
Als Clownin schafft sie aber nicht bloss eine fröhliche Atmosphäre in einer oft leidvollen Situation. »Der Clown ist eine kindliche Figur, die es erlaubt, Emotionen freien Lauf zu lassen. Lachen und Weinen liegen dann oft nahe beieinander«, sagt die studierte Gymnasiallehrerin. Da der Clown als Figur nicht an Konventionen gebunden sei und sich ganz dem Augenblick hingebe, könne er sich aussergewöhnliche Freiheiten nehmen.
Natürlich komme es vor, dass Betagte die Clownin »kindisch« finden. »Dann ziehe ich mich sofort zurück«, erzählt sie. Schwierig sei, wenn ihr während des Spiels nichts mehr einfalle. »Dann hilft nur noch: Das Loch aushalten, sich anschauen lassen und warten, bis der nächste Impuls kommt.«
Drei Jahre in Clownschule
Ulrike Dempewolff hat sich an der Clownschule in Hannover während dreier Jahre mit der Kunst und dem Spiel des Clowns und mit der Komik beschäftigt. Sie ist selbstständig tätig und leitet freie Theatergruppen und bietet zudem Clown- und Theaterseminare an. Ausserdem ist sie im Vorstand des schweizerischen Trägervereins »Huusglön«. Das grosse Geld mache sie damit nicht, »aber ich kann davon leben«, erklärt sie. Inspiriert wird sie vom Theaterschauen oder dem Spiel mit Berufskollegen. Ihre Vorbilder:
Charlie Chaplin, Dimitri und Gardi Hutter. Die Arbeit erfülle sie – auch wenn sie mit dem Leid anderer Menschen konfrontiert wird. »Das belastet mich nur selten, im Gegenteil: Erleben, was das Spiel als Clownin bewirken kann und wie die Menschen aufblühen, macht mich glücklich. Dann geht es mir nach der Arbeit oft besser als vorher.«
(Niels Jost, Neue Luzerner Zeitung, 15. Feb. 2016)
Das Leben mit dem Tod
Auf die Bühne will die Theatergruppe des Pflegeheims Bockenheim nicht mehr. Dafür sind die sechs Damen nun in einem 40-minütigen, sehr persönlichen Hörbuch zu hören, in dem sie über den Sinn des Lebens und den Tod diskutieren.
Es ist das Vortor zum Tod, viel können sie nicht mehr, manchmal fehlt die Kraft, oft der Sinn, sie fühlen sich ausgesetzt, obwohl der Kopf klar ist. »Ich weiß, dass es nie wieder gut wird. Dass die Zeit begrenzt ist. Damit muss ich mich abfinden. Seither fühle ich mich anders dem Tod gegenüber«, sagt Maria-Anna Ruhlen. Die 80-Jährige lebt im Pflegeheim Bockenheim. Stigmatisierung erlebt sie immer wieder. Sie erzählt, wie sie einst im Fahrstuhl war, als eine Frau statt zu ihr, zu ihrer Begleitung sagte: »Die Frau da im Rollstuhl hat einen Regentropfen im Gesicht.« Verletzt war sie, ist sie eigentlich immer noch.
Seit vier Jahren ist Maria-Anna Ruhlen in der Theatergruppe des Heims. Die ersten Jahre führten sie noch Stücke auf, dann wollten einige Mitglieder nicht mehr auf die Bühne.
»Dann machen wir eben ein Hörbuch«, sagte Theaterpädagogin Ulrike Dempewolff. Und so legte sie das Aufnahmegerät in die Mitte, wenn die Gruppe bestehend aus sechs Damen über das Leben, den Sinn des Lebens, Wünsche und den Tod sprachen, diskutierten und stritten. Entstanden ist ein 40-minütiges, sehr persönliches Hörbuch.
Die Themen begleiten die Frauen schon länger. Im vergangenen Jahr beschäftigten sie sich in der Theatergruppe mit der Frage »Und jetzt?«. Dabei arbeiteten sie ihre Biografien auf, es diente nun als Grundlage für das Hörbuch, das den Titel »Wir hören nicht auf zu denken und zu hoffen – Betrachtungen alter Menschen zum Sinn des Lebens« trägt. Fast 70 Stunden Material hat Pädagogin Dempewolff gesammelt. Sie schnitt die besten Aussagen zusammen, kategorisierte sie, spielte Musik dazwischen. Einige Kommentare ließ sie nachträglich noch einmal einsprechen. »Mir war nicht klar, dass es so viel Arbeit wird«, sagt Dempewolff lächelnd.
»Irgendwann ist Schluss, das wissen wir«, sagt Marianne von Graeve. Sie hat noch Ziele, sagt die 77-Jährige, »ich wollte immer verstehen, nachdenken, kapieren«, Freunde und Familie geben ihr Kraft. »Ich muss nicht wieder jung werden«, sagt sie. »Der Tod ist eine exklusive Sache in unserer Gesellschaft«, sagt Ruhlen, »der Tod wird selbst dann verschwiegen, wenn er gerade passiert ist.« Sie erzählt, wie Pflegekräfte im Heim nur noch flüstern, wenn ein Bewohner stirbt. »In der Gruppe ist das anders«, sagt Ilse Segmüller, »da können wir offen reden. Das tut gut.« Nicht nur im Heim sterben die Nachbarn, auch zwei Gruppenmitglieder, die noch auf der CD zu hören sind, sind mittlerweile tot. »Als Elsbeth starb, hat mir keiner was gesagt, dabei waren wir wie Geschwister«, sagt die 89-Jährige.
Ziele habe sie nicht mehr, aber Freuden, die ihr Mut machen. Ihre Urenkelin zum Beispiel. »Wenn die Kleine kommt, geht die Sonne auf«, sagt Ilse Segmüller. »Der Sinn des Lebens ist für mich, auf der Suche zu bleiben. Ich bin auf der Suche nach Harmonie. Nicht nur mit Menschen, auch mit Blumen und Bildern«, klingt Ruhlens Stimme aus dem CD-Recorder.
Berührungsängste mit dem Medium hatten die Frauen nicht. »Ich habe das Gerät oft vergessen«, sagt Ilse Segmüller. Marianne von Graeve ergänzt: »Etwas zu gestalten, zu machen, zu denken, das hat gut getan.« Seit 2004 gibt es das Theater-Projekt, es wird vom Jugend- und Sozialamt der Stadt Frankfurt finanziert. Sie haben sowohl Märchen gespielt – Marianne von Graeve verkörperte Aschenputtel –, als sich Frauenthemen angenommen oder überlegt, wie anders ihr Leben ist, seit sie im Altenheim leben.
Immer hat die Arbeit mit Vergangenem zu tun. Es sind gute und schlechte Erinnerungen. »Es fallen einem wieder Dinge ein, an die man lange nicht gedacht hat. Das tut manchmal weh«, sagt Ruhlen. Eine Stimme vom Band erklingt. »Ich habe mein Leben nicht verplempert, ich war viel auf Reisen, darüber kann ich nun nachdenken«, sagt Elsbeth Asshauer. Im vergangenen Mai starb sie mit 96 Jahren. Und so bekommt ihr letzter Satz auch eine ganz besondere Kraft. »Der Frühling kommt immer wieder«, sagt sie, »für mich vielleicht nicht mehr, aber für euch.«
(Miriam Keilbach, Frankfurter Rundschau 5.Feb.2016)
Aus dem Moment heraus – begegnen, berühren
Ein Altersheim, denkt man, ist eigentlich kein Ort zum Lachen. Wer hier lebt, muss hier leben. Er braucht Pflege, Unterstützung, oft rund um die Uhr und im Notfall sofort – scheinbar kein Ort, an dem man einen Clown vermutet.
In der Tat verbindet man den Clown mit Lachen, komischen Situationen, humorvollen Überraschungen – man kennt ihn aus dem Zirkus und vielleicht aus der Kinderklinik. Aber auch ins Altersheim kann ein Clown Farbe und Bewegung bringen.
Frau Müller (alle Namen geändert) und Frau Meier sitzen im Speisesaal, jede still in sich gekehrt. Von Weitem hört man Schellen und Klänge einer Mundharmonika – beide Damen schauen auf. Ein Lächeln huscht über ihre Gesichter, als im nächsten Moment die Clownin Lieselotte Loreley im Türrahmen steht. In das Lied »Lueget vo Bärge ond Tal« stimmen sie ohne Zögern ein und singen mit grosser Hingabe textsicher alle Strophen. Nach freudiger Begrüssung folgt ein Spiel mit einer kleinen farbigen Feder: Diese wird in die Luft gepustet, segelt langsam herab, wandert von Hand zu Hand. Alle sind vertieft in dieses einfache Spiel, sind im Moment, freuen sich und lachen miteinander.
Als die Clownin sich verabschiedet, den Raum mit ein paar Tanzschritten und »Lueget...« verlassen hat, singen beide weiter. Die Pflegerin erzählt später, dass Frau Müller auch abends im Bett immer wieder die Melodie gesummt habe.
Frau Müller und Frau Meier sind demenzkrank, ihre Stimmungen schwanken von Tag zu Tag, manchmal von Minute zu Minute. Wie andere demenzkranke Menschen sind sie zwar in Gedächtnis und Kommunikation mehr und mehr eingeschränkt, doch Gefühle haben sie nach wie vor. Diese, kombiniert mit Erinnerung an vergangene Zeiten – je länger her, desto besser die Erinnerung – sind oft ein guter, häufig der einzige Zugang. Genau das kann ein Clown leisten, der keinen anderen Auftrag hat, als zu berühren und zu bewegen – vor allem mit Musik, mit alten Liedern, mit Spiel und Zuwendung. So wie bei Frau Huber, die meistens nur noch im Bett liegen kann. Sie hat schon auf den Besuch der Clownin gewartet und begrüsst sie mit strahlenden Augen.
Frau Huber fällt das Sprechen schwer und so bleibt die innere Verbindung: Sich anschauen, die Hände halten und streicheln, vielleicht leise, aber für Frau Huber hörbar »Guten Abend, Gute Nacht« von einer Miniatur-Drehorgel spielen.
Zum Abschied singt Liselotte Loreley ein Lied und winkt ihr mit bunten Tüchern noch einmal zu.
Der Clown als archetypische Figur, als Figur ausserhalb der »normalen Welt« mit ihren festgelegten Regeln – bunt, unangepasst, der seine Gefühle, seine Zuneigung direkt ausdrückt, der staunend und voller Neugier ist, sich mit all seinen Schwächen und Stärken zeigt – ermöglicht Begegnung. Und auch die Menschen, die vom Clown besucht werden, dürfen so sein, wie sie sind. Niemand muss den Clown empfangen, muss sich freuen oder gar lachen. Niemand muss etwas tun, leisten oder beweisen.
Frau Renggli jubelt jedes Mal beim Eintritt der Clownin in ihr Zimmer: »Nein, wie schön! Dass du zu mir kommst!« Sie bewundert Lieselotte Loreleys Hut, ihren Rock, die Strümpfe, die rote Nase, sie freut sich an den Farben. Und erzählt dann gleich von sich, aus ihrem Leben, wie sehr sie den Zirkus geliebt hat und dass auch sie in Deutschland war.
Die Verbindungen entstehen aus Gemeinsamkeiten, Erinnerungen und einer inneren Verbundenheit. Zum Abschied will sie der Clownin unbedingt eine Freude machen, ihr etwas schenken – ein Büchlein, eine kleine Blume: »Bis zum nächsten Mal … !«
(Jahresbericht Felsenheim 2010, Sachseln/Schweiz)
Neun ältere Damen machen Theater ums Eigenlob
Stinkt Eigenlob? Die Frauen, die einzeln in den Probenraum schreiten, stellen sich diese Frage nicht mehr. (…)
Unter dem Titel "Lob der Frauen" haben die Mitglieder der Theatergruppe des Pflegeheims Bockenheim einen würdigenden Blick auf ihr Leben und ihre Geschichten geworfen. "Wir haben mit diesen theatralen Skizzen etwas Neues gewagt", sagt Regisseurin Ulrike Dempewolff. Sie trägt ihre Locken kurz und ein blau gepunktetes Tuch um den Hals, hat die schmalen Augenbrauen konzentriert zusammengezogen. (…) Dempewolff leitet die Theatergruppe seit acht Jahren. (…) "Im vergangenen Herbst saßen wir dann beieinander – es waren nur noch Frauen übrig – und überlegten, was wir als nächstes angehen." Damals zitierte eine lebenskluge Bewohnerin von 88 Jahren das Gedicht eines unbekannten Verfassers. Er beschreibt darin eine ganz eigene Sicht auf die biblische Schaffung der Frau: Gott sei schon müde gewesen, als er Adam formte – an ihm taugte nur eine einzige Rippe etwas. Aus der wurde Eva, und so zieht der Dichter seine eindeutige Bilanz: "Der Mann war nur 'ne kleine Probe, Frauen aber sind das Meisterstück".
"Uns gefiel das Gedicht so gut, dass wir uns überlegten, was wir an uns zu loben haben", berichtet Dempewolff. Sie sammelten Texte, erzählten Geschichten, suchten Gedichte heraus. "Es war anfangs nicht einfach, die Frauen dazu zu bringen, selbstbewusst aus ihrem Leben zu erzählen. Sie alle sind zwischen 73 und 93 Jahren alt und haben gelernt, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen." Dabei haben sie nichts zu verstecken. Viele von ihnen lernten einen Beruf, brachten ihre Familie durch harte Zeiten, während der Mann im Krieg war. Sie arbeiteten als Bauzeichnerin, Lehrerin, Beamtin oder Industriearbeiterin und feierten Erfolge, die nicht selbstverständlich waren. (…)
Sehr persönlich ist das Stück geworden, das zeigen schon die ersten Szenen. (…)
Was man von den Seniorinnen lernen kann? Dempewolff überlegt. "Sie sind Vorbilder dafür, immer wieder aufzustehen, weiterzugehen und herauszufinden, was man will", sagt sie.
(Frankfurter Neue Presse, 2. Okt. 2012)
Der rote Faden
»Der rote Faden« hat Dempewolff das Projekt genannt, mit dem sie Bewohner des Alten- und Pflegeheims Bockenheim dazu bringt, sie an ihren Erinnerungen teilhaben zu lassen. Dempewolff, 52 Jahre alt, Theaterpädagogin, Clownin und erfahren im Umgang mit alten Menschen, hat etwas geschafft, was nur sehr wenigen gelingt: alten, dementen, gebrechlichen Menschen so viel Mut zu vermitteln, dass sie sich nicht vor einem Bühnenauftritt scheuen und – wie bei der Vorstellung am Donnerstag – sich vor vierzig oder mehr Menschen in Szene setzen (…) und dem Zuschauer wiederum vor Augen führen, dass alte und gebrechliche Menschen ihr Dasein nicht in der stillen Kammer fristen müssen. (…) bei den Begegnungen mit den alten Menschen stellte sie fest, dass die meisten eindrücklich erzählen können. So nahm das Theaterprojekt mit den alten Menschen immer mehr Form an. Dass die Akteure ihre Würde behalten und nicht vorgeführt werden, war Dempewolff sehr wichtig. Es ist ihr gelungen.
(Frankfurter Rundschau, 8. Feb. 2008)
Annäherung über die Talkshow
Viele Stücke enthalten interessante Ideen, witzige Effekte (…) und gute Einzelszenen, doch fehlt ihnen oft noch selbstkritische Überarbeitung und einstimmiges Gesamtkonzept. (…) Nur sehr erfahrenen Theaterlehrern wie beispielsweise Ulrike Dempewolff und Dieter Rauch ist es gelungen, mit ihren Schülern ausgereifte Stücke auf die Bühne zu bringen.
(Frankfurter Rundschau, 3. Juni 2000, Bericht über
»Ich kenn' Dich nicht, aber ich wasch' Dich trotzdem«, ein Theaterstück der Theatergruppe »Ecco« unter der Regie von Ulrike Dempewolff, Jugend-Kultur-Werkstatt Falkenheim Gallus, Frankfurt/Main)
Lakonie des Alltags
Eine unbestimmte Sehnsucht treibt sie an, immer wieder den Bühnenraum zu durchstöbern, gibt Impulse für plötzliche Richtungs- oder Rollenwechsel. Und manchmal sieht ihre Bahnhofshalle wie ein großes Uhrwerk aus, in dem sich jedes Rädchen nach einem anderen Zeitmaß dreht (…). Lakonisch, witzig und sehr pointiert isolieren die elf- bis siebzehnjährigen Gallus-Kids unter der Regie von Ulrike Dempewolff alltägliche Momente. Sie reduzieren das gewöhnliche auf Details, auf knappe Gesten und addieren alles mit leichter Hand zu einer ebenso berührenden wie absurden Collage.
(Frankfurter Rundschau, 10. Dez. 1994, Bericht über
»Hey...Du..«, ein Jugendtheater der Gruppe »Die Gallus Kids« im Frankfurter Gallus Theater unter der Regie von Ulrike Dempewolff)